Ratsdebatte

In der frühen Antike waren den Phanechern sowohl Geld, als auch Städte noch neu. Wir können uns heute kaum noch vorstellen, wie zwei uns so selbstverständliche Dinge, so fremdartig sein konnten. Bis auf uns sind jedoch vier Redebeiträge gekommen, die sich mit den Problemen dieser neuen Art der Zivilisation beschäftigen. Ob es sich bei den Rednern wirklich um historische Personen handelt, konnte bislang nicht bewiesen werden, und ihre Reden wurden erst Jahrhunderte später aufgeschrieben, soweit wir es wissen. Für die antiken Phanecherwaren sie aber so bedeutend, dass unter dem Namen dieser Redner philosophische Schulen gegründet wurden und ihre „Lehren“ bis heute nachwirken.

 

Die Rede Adins

Das Ansehen einer Person gründet sich in ihrem Besitz, sei dieser nun beweglich oder unbeweglich. Besitz ist beschränkt auf das Fassbare, denn das Unfassbare kann nicht veräußert werden. Nur wer Besitz hat, hat Ansehen, und wer mehr Besitz hat, als ein anderer, hat eine größeres Ansehen.

Es ist daher nur recht, wenn der, der über mehr Besitz verfügt, über jene herrscht, die weniger Besitz haben; denn seine Befähigung diesen Besitz zu erlangen und zu halten zeugt von seiner Befähigung gute Entscheidungen zu treffen.

Es gibt jene, die sagen „Wer viel Besitz hat, soll jenen geben, die wenig Besitz haben“. Dies ist aber widersinnig und falsch, denn warum sollte jemand, der seine Befähigung unter Beweis gestellt hat, jene unterstützen, die keinerlei Befähigung besitzen und dumme Entscheidungen getroffen haben? Wenn derjenige, der viel Besitz hat, seinen Besitz schmälert und somit sein Ansehen verkleinert, jenen gibt, die wenig Besitz haben, so gibt er ihnen ein schlechtes Beispiel. Sie werden in ihrer Unfähigkeit bestärkt und dazu ermuntert, keine Fähigkeiten zu erwerben. Derart Faule und Nutzlose sind jedoch ein Schaden für jede Gesellschaft. Die Stadt braucht die Fähigen und Nützlichen und wer keine Mühen auf sich nehmen kann, die der Stadt und damit der Gesellschaft zum Nutzen sind, ist eine Last. Eine Last, die die Gesellschaft zum Untergang verdammt.

Wer also den Armen unterstützt, schädigt nicht nur sein Ansehen, er schädigt die Gesellschaft. Es ist somit unabdinglich, der Stadt Gesetze zu geben, die jene aus der Stadt treiben, die durch ihren armseligen Lebenswandel gezeigt haben, dass sie nicht befähigt sind, der Gesellschaft zu dienen.

Die Rede Ezibils

Die Sitte der Väter sagt, wer viel besitzt, gilt in den Augen der anderen auch viel. Aber wer Besitz anhäuft, ohne ihn mit jenen zu teilen, die wenig besitzen, hat in den Augen Ischmas kein Ansehen. Wir verehren Ischma, weil sie gibt, nicht, weil sie hortet. Ansehen erwächst aus den Gaben, die gegeben werden können und aus der Dankbarkeit dem Geber gegenüber. Es ist von Alters her der Wille die Gnadentat zu vergelten, der die Menschen dazu anspornt sich einzusetzen. Wenn die Stadt gibt, spornt sie die Empfangenden an, sich für die Stadt aufzuopfern; so wie das Kind, dem von den Eltern gegeben wird, sich darum bemüht seine Eltern zu ehren.

Wer sein Ansehen dadurch erwirbt, anderen von seine Besitz zu geben, entfacht nicht nur jenen den Antrieb, sich zu erweisen, er wird auch durch die ihm entgegen gebrachte Dankbarkeit dazu ermuntert, seinen Besitz durch kluges Handeln zu vergrößern, um weiter geben zu können.

Derjenige aber, der seinen Besitz nur hortet und für sich behält, hat keinen Grund nach neuem zu streben. Derjenige, der hortet, wird faul und träge! Und wenn nicht er selbst faul und träge wird, so werden es seine Kinder, die den Besitz nur Erben, ohne ihn durch Klugheit und Befähigung erworben zu haben. Es sind so nicht die Armen, die zur Last der Stadt werden, sondern es sind die Reichen, die sich auf ihrem Besitz ausruhen.

So ist davon abzusehen, die Armen aus der Stadt zu treiben, denn dadurch wird die Stadt, wenn nicht in dieser, so in der nächsten Generation in den Untergang getrieben.

Die Rede Adils

Die Väter haben jenem Ansehen entgegen gebracht, der einen großen Besitz hatte. Er hatte großen Besitz, weil er durch eigene Befähigung oder tatkräftige Unterstützung jener, die er inspirieren konnte, einen größeren Acker bestellen, eine größere Herde hüten, mehr Fisch fangen oder lukrativere Reisen unternehmen konnte. Und das Ansehen der Väter war gerechtfertigt!

Das Übel, das über die Stadt hereingebrochen ist, ist nicht der Besitz oder ein Mangel daran, es ist das Geld! Der Besitz der Väter befähigte sie zu leben, weil er sie mit dem versorgte das sie und ihre Familien dazu benötigten. Geld aber, kann nicht gegessen werden. Geld aber, kann nicht in kalten Nächten wärmen. Geld ist kein Ansehen. Geld ist eine Krankheit, die durch ihr schillerndes Glitzern verzaubert. Wer Geld hat, ist darum bemüht mehr Geld zu erhalten. Er wird betrügen und sogar morden, um Geld zu erlangen. Verwerflicher ist aber, dass er schließlich andere mit seiner Geldsucht verdirbt, weil er jenen, die Besitz haben, der ernährt und wärmt, einredet, dass Geld bedeutender sei - schließlich muss er versuchen diesen Besitz mit seinem Geld zu erwerben, um weiter leben zu können.

Wenn etwas die Stadt verdirbt, so ist es das Geld. Es ist daher unabdinglich, der Stadt Gesetze zu geben, die das Geld verbieten, denn es ist das Geld, welches der Stadt den Untergang bringt!

 

Die Rede Kamans

In der Väterzeit gab es keine Städte. Die Väter waren auf dem Land und auf der See und ihr Besitz war das, was sie zum Leben befähigte. Doch die Zeit der Väter ist vorbei! Die Stadt hat jenen ein zu Hause gegeben, die nicht mit ihren Händen dem Boden Nahrung abtrotzen, die nicht dem Meer Nahrung entreißen; Wer von euch Herren, hat sein Haus mit eigener Hand gebaut? Wer die Kleidung, die er am Leib trägt mit eigenen Händen hergestellt? Wer von meinen Vorrednern hat nicht die Dienste eines Lehrers in Anspruch genommen? Die Stadt ist es, die uns gezeigt hat, dass Besitz nicht nur jener ist, der uns unmittelbar ernährt. Ein Mensch wird nicht nur Besitz befähigt, ein Mensch hat Befähigung als Besitz! Nun gibt es Befähigungen, die fassbare Dinge hervorbringen. Befähigungen, die Nahrung hervorbringen. Aber es gibt auch solche Befähigungen, die Unfassbares produzieren. Und es ist nur recht, dass alle Befähigungen des Menschen mit Geld aufgewogen werden, um den Austausch der Befähigungen und ihrer Produkte in der Stadt zu fördern. 

 

 

Der Stadt müssen Gesetze gegeben werden, die einen Lohn für die Befähigungen festschreiben. Die jene mit Ansehen ausstatten, die körperlich schwere Arbeiten erbringen, die nicht nur zu ihrem Wohl dienen, sondern zum Wohl der Stadt. Ansehen denen geben, die sich selbst beschmutzen, damit die Stadt nicht selbst im Schmutz ertrinkt. Ansehen denen geben, die ihr Leben für die Stadt in Gefahr bringen. Wer von den Bauarbeitern, die die Mauern der Stadt errichtet haben, oder das Gebäude in dem wir unsere Reden hier halten, hat in den Augen der Väter Besitz und Ansehen? Wer von denen, die den Unrat aus den Gassen aufkehren? Wer von den Soldaten, die unsere Stadt vor den Räubern und Bestien schützen? Es muss unsere Aufgabe sein, die wichtigen Dienste mit Besitz auszustatten und sie somit mit Ansehen zu erfüllen. Und dieser Besitz kann nur Geld sein, denn würden sie mit Äckern oder Herden entlohnt, sie müssten ihren Dienst aufgeben, um diesen Besitz zu halten!