Was ist der Sinn des Lebens? – Genieße das Leben, nutze den Tag, denn bedenke, dass du sterben wirst
Was erwartet mich nach dem Tod? – Das kalte Schattenreich der Sáros
Zu wem bete ich? – Zu den Lairos
Wie stets mit der Magie? – Die Magie ist eine Gabe der Lairos.
In der Urzeit herrschten die Altvorderen über die Menschen, behandelten sie wie Vieh und taten unaussprechliche, unsagbare Dinge. Das erzürnte die die Iváros, die Götter des Firmaments, und sie beschlossen, den Menschen zu helfen. Doch sie waren den Menschen und ihrer Welt so fern, dass ihre Macht allein nicht ausreichte. So traten sie an die Boráɲos und Laisas heran und baten um ihre Mithilfe, doch auch die vereinte Macht der drei Göttergeschlechter war zu wenig, um die Altvorderen zu bezwingen, so dass die Götter beschlossen Piɲo zu den Sáros zu schicken, den Göttern der Unterwelt. Diese willigten unter einer Bedingung in den Bund ein: Sie verlangten, dass die Menschen als Gegenleistung für ihre Hilfe in ihr Reich einkehren müssten.
Nachdem die Götter sich einig waren, sandten sie Terraɲo zu den Menschen, der ihnen das Angebot unterbreitete. Doch die Menschen zögerten, sie fürchteten die dunkle Leere der Unterwelt. Doch da trat Piɲo an sie heran und zeigte ihnen die Lücken im Vertrag auf, den die Götter mit den Sáros geschlossen hatten: Sie dürften auf der Toraja verweilen, bis die Sáros ihren Anspruch auf jeden einzelnen geltend machen würden und da sie viele und die Sáros nur wenige seien, würden die meisten von ihnen lange der Unterwelt fernbleiben können.
So leisteten die Menschen den vier Göttergeschlechtern den Teneitas, den Eidschwur, und die Götter befreiten sie von den Altvorderen.
Die Lairos, Götter, sind göttliche Geistwesen, in deren Macht es steht Dinge zu verändern und die sowohl mit der jenseitigen Welt, als auch der Welt der Menschen interagieren können. Die drei Geschlechter der Iváros, Boráɲos und Laisas stehen den Menschen prinzipiell hilfreich zur Seite, doch auch sie können ür den Menschen gefährlich werden. Die Götter sind nämlich nicht perfekt, sondern makelbehaftet: Sie haben einen eigenen Willen und eigene Vorlieben, so dass man sie leicht verärgern kann. Weil die Götter aber keine vollkommenen Wesen sind, können die Menschen mit ihnen verhandeln, selbst mit den finstren Sáros.
Die Iváros sind die Götter des Firmaments: Viramar, der Himmelsgott; Ilo, der Sonnengott; Aita, die Nachtsonnengöttin; und Laɲo, der Mondgott. Sie sind mächtig, aber fern. Sie lenken die Urkräfte des Kosmos und bewahren ihn davor, gänzlich im Anderdunkel zu versinken. Die Menschen können zwar Gebete an sie richten, doch nicht alle dringen zu ihnen vor.
Die Boráɲos sind die Götter der Männer und der Naturkräfte der Toraja, während die Laisas die Götter der Frauen und der Natur sind. Beide Göttergeschlechter sind den Menschen nah, aber auch unvollkommen und neidisch.
Die Sáros sind die Götter der Unterwelt, die Unaussprechlichen, die ein Anrecht auf jeden Menschen haben, dass sie unbarmherzig einfordern.
Die Ahnen der Menschen verschrieben sich den Sáros, um von den Altvorderen erlöst zu werden. Daher besitzen jene zwar das göttliche Recht, jeden Menschen in ihr Reich zu holen, doch sie müssen jeden Menschen einzeln einfordern. So sterben die Menschen, wenn ein Sáro sein Anrecht geltend macht, doch es sterben nicht alle Menschen zur gleichen Zeit. Da kein Mensch weiß, wann ein Sáro auf ihn aufmerksam wird, weiß er nicht wie viel Zeit ihm auf der Toraja vergönnt ist. Angeleitet von den Boráɲos und Laisas sollen die Menschen das Leben im Diesseits genießen und so gehören Freuden und Feste zum religiösen Lebensgefühl. Da ist es nur dienlich, dass Boráɲos und Laisas sich durch viele Dinge, die die Menschen erfreuen, gleichsam erfreuen lassen. So ist es geboten, das Leben zu genießen und Spaß zu haben, da keiner weiß, wie lange er sich am Leben erfreuen kann.
Doch beim Genuss köstlicher Speisen, der rauschenden Entspannung durch allerlei Drogen und lustvollem Geschlechtsverkehr müssen die Menschen Acht geben, die neidischen Götter nicht zu verstimmen. So gehören auch Geschenke an die Götter zum alltäglichen Kult, entweder weil man die Götter schon vorab milde stimmen will, oder weil man sie nachträglich um Verzeihung bittet.
Für die Teɲeiros ist das Leben ein ungewisses, wankelmütiges Wagnis, doch es ist wunderschön.
Der Teɲeiro weiß, dass er letzlich sterben wird, er mag mit den Sáros verhandeln und das Unweigerliche aufschieben, doch er wird es nicht verhindern können. Dieses Denken prägt den Kult, aber auch die Kultur. So gibt es keine Rituale oder Rechtsformen für „ewige Bindungen“, denn der Teɲeiro weiß, dass nichts von Menschenhand oder Menschenwille ewig sein kann. Das betrifft natürlich in erster Linie zwischenmenschliche Verbindungen, ein Konzept wie die Ehe ist für die Gläubigen unverständlich und nicht erstrebenswert; selbst eingeschränkt mit Klauseln wie „bis dass der Tod euch scheide“ wirkt so etwas für die Teɲeiros noch zu einschränkend. Aber es betrifft auch Verträge, selbst internationale, die stets nur für eine gewisse Zeit geschlossen werden.
Auch „lebenslange“ Beschäftigungen sind selten und gelten als anormal, als Norm gilt es, dass sich Menschen während ihres Lebens immer wieder neu erfinden, neue Wege beschreiten und neue Erfahrungen machen. Daher gelten die Teɲeiros als wankelmütig und unstet, aber auch als aufgeschlossen und neugierig.
Die Teɲeiros leben in Geschlechtergemeinschaften, ein Brauch, der wohl ursprünglich nicht durch die Religion begründet ist, sondern vielmehr durch die althergebrachte Lebensweise in die Glaubensvorstellung einsickerte. Mit Ausnahme bestimmter Feste und Anlässe bleiben die Teɲeiros unter sich, Männer leben mit Männern und Frauen mit Frauen. Wo der Teneitas dominiert, wie im modernen Virenco, gibt es Geschäfte und Restaurants jeweils nur für ein Geschlecht und in den meisten Städten sogar ganze Viertel, die einem Geschlecht vorbehalten sind. Im Kult findet sich das in den Boráɲos wieder, die nur von den Männern verehrt werden, und den Laisas, die nur von den Frauen verehrt werden.
Diese Lebensweise führt auch dazu, dass Homosexualität die Norm darstellt und heterosexuelle Kontakte die Ausnahme bilden. Erfolgen solche außerhalb gemeinsamer Rituale, sind sie sogar verpönt, denn man glaubt die Götter durch solche Unschicklichkeiten zu erzürnen.
Die Málba, die „Vereinigung“ zwischen Mann und Frau, gilt jedoch, wenn sie im Rahmen ritueller Handlungen erfolgt, als heilig. Über das Jahr verteilt gibt es insgesamt sechs Feste, die von Männern und Frauen gemeinsam begangen werden und bei denen es zu sexuellen Auschweifungen kommt, die von Drogen und Alkohol begleitet werden. Bei diesen Festen ist es üblich, dass sich je ein Mann und eine Frau zusammen tun und, naja, es zusammen tun, möglichst oft. Es sind solche Gelegenheiten, bei denen Kinder gezeugt werden.
Kinder leben bis zum Beginn der Pubertät bei den Müttern und tragen den Nachnamen ihrer Mutter und den ihres Vaters; da religiöse Verbote es untersagen mit einer Frau bzw. einem Mann zu schlafen, der einen der beiden Nachnamen teilt, soll so dem Inzest vorgebeugt werden. Es ist jedoch manchmal nicht ganz sicher, wer der Vater eines Kindes ist, denn die entsprechenden Feste werden von Alkohol und Drogen begleitet.
Der Vódar, das rituelle Opfer, ist der Kern religiöser Feste und Zeremonien. Der Huncán (Priester) bzw. die Fóssa (Priesterin) berauscht sich dabei mit bestimmten Substanzen und bittet einen der Lairos von ihm bzw. ihr Besitz zu ergreifen. Anschließend gelten die Worte und Taten des Priesters als Worte und Taten des Lairo. Die Gläubigen bringen ihnen Opfergaben und Bitten entgegen. Je nachdem um welche Gottheit es sich handelt, können die Opfergaben aus Alkohol, Süßigkeiten, bestimmten Gegenständen oder Sex bestehen, doch manche Götter verlangen auch Tieropfer und besonders die Sáros verlangen als Opfer die rituelle Selbstverstümmlung.
Da die Teɲeiros Magie als Gabe der Lairos ansehen, betreiben nur Huncános und Fóssas das Studium der Magie; ihre Zauberkräfte gelten als Wissen und Gabe, die nach der göttlichen Besessenheit zurückbleiben und Zauber stets als göttliches Wirken. Wenn sich ein Priester entschließt, einer neuen Berufung zu folgen, darf er sein magisches Wissen weiterhin anwenden, denn es wird als Auszeichnung verstanden, allerdings wird erwartet, dass er nicht danach strebt, es weiter zu mehren und so die Götter zu bestehlen.
Das Symbol der Teɲeiros ist der Sainpráchon, ein geflügelter Penis, der als Symbol des Ausgleichs zwischen dem Erhabenen, Vollkommenen und dem Unreinen, Niederen verstanden wird. Er symbolisiert das Leben und die Freiheit und wird als Glückssymbol in Form von Amuletten von Gläubigen beiderlei Geschlechts getragen und findet sich auch als Relief in der Architektur wieder.