Was ist der Sinn des Lebens? – Führe ein Leben gemäß dem Atsuru, um dir einen Platz im Hellen Palast zu verdienen
Was erwartet mich nach dem Tod? – Wenn ich mein Leben gemäß dem Atsuru führte, erwartet mich mein Platz im Hellen Palast, andernfalls werde ich in die Dunkle Grube gestoßen
Zu wem bete ich? – Ich bete zu Tana, der meine Worte an die Götter weiterträgt
Wie stets mit der Magie? – Wenn die Zauberei gemäß dem Atsuru gewirkt wird, ist ist hell und gut, ansonsten dunkel und böse.
Das Atsuru, der „Weg der Rechtschaffenen“, ist die Bezeichnung für einen Kodex moralischer Grundsätze, welche Tana dem Propheten Sin Ra-Samun im Auftrag der Götter ins Ohr flüsterte, während dieser schlief. Die Offenbarung erfolgte der Überlieferung am 23.06. 57, weshalb die Entstehungszeit dieser Religion recht genau fassbar ist.
Der Kodex besteht in seinem Kern aus den Baban Si-Wen, den „sechs Tugenden“: Ya‘i Dze („Aufrichtigkeit“), Ku‘a Dze („Tapferkeit“), Uwan Dze („Menschlichkeit“), Rita Dze („Höflichkeit“), Ono Dze („Ehrbewusstsein“) und Roji Dze („Loyalität“).
Aus ihnen werden in den Oraka, den „Prophetenbüchern“, zahlreiche Forderungen an die Lebensführung abgeleitet, wie Gerechtigkeit, Ehrgefühl, Treue und Achtung, Fleiß, Reinheit, Geduld, Ausdauer, Bescheidenheit, Liebe, Etikette aber auch Härte und Kaltblütigkeit.
Die Sin Gadan, „Nachfolger Sin Ra-Samuns“, die Priester der Religion, sind vor allem Moral- und Sittenwahrer, die den Menschen die Botschaft des Propheten und die durch ihn von den Göttern übermittelten Forderungen auslegen und sie zur Einhaltung anhalten.
Da die Oni, „Ehrenhaften“, ihre Gebete stets an Tana richten, entsteht bei flüchtiger Betrachtung der Eindruck eines strikten Monotheismus und dieser Fehler wurde in der Vergangenheit auch häufiger gemacht.
Tana ist der wandelbare Mondgott, dessen Zeichen, die Mondsichel, auch das Zentrum des religiösen Symbols des Atsuru bilden: Von Tana gehen die sechs Tugenden aus. Bei Tana handelt es sich um einen den Menschen durchaus zugewandten, regelrecht freundlichen Trickster und so kursieren zahllose Mythen, Legenden und Geschichten über ihn. Sein wichtigster Tempel befindet sich in Ha-Ra, wo Tana in Form eines heiligen Steins verehrt wird.
Als Götterbote ist er der Mittler zwischen Menschen und Göttern und trägt so die Bitten der Sterblichen in den Himmel zu den Unsterblichen, die dort in ihrer strahlenden Feste, dem Schen-La, dem „hellen Palast“, wohnen. Da sich hier auch die Seelen der rechtschaffenen Oni nach dem Tod einfinden, kann Tana auch Kontakt mit den Ahnen herstellen.
Die Oni verehren Tanako als Schöpfer des Kosmos, höchsten der Götter und Vater Tanas und der übrigen Götter. Er ist der Herr des Shen-La und so erhaben und göttlich, dass die Menschen in seinem Strahlen vergehen würden und selbst die Seelen der Verstorbenen sich ihm nicht nähern können; sein Licht ist es, dass den Shen-La erhellt und das durch Sonne, Nachtsonne und Sterne auf die Schöpfung herabscheint.
Weitere Götter sind Huki Apame (die Feuergöttin), Hanawu (der Gott der Jagd und Herr der Tiere), Siram (der Gott der Pflanzen), Waka (der Gott des Wassers und der Meere) und Ate (die Göttin der Zeit und des Todes). Doch neben diesen großen Göttern gibt es eine Vielzahl weiterer Götter, die entweder nur regionale Bedeutung besitzen oder sogar nur in der Mythologie vorkommen und keine kultische Verehrung besitzen.
Ebenso gibt es eine Reihe vergöttlichter Heroen, die wie die großen Götter als Empfänger von Gebeten herhalten müssen: Ai-Sina (ein Krieger und Zivilisationsbringer), Ilong Mu (ein Gelehrter und Wissenschaftler), Ma Kali (eine gerechte Königin und tapfere Kriegerin) sowie Yano und Le‘ani (ein tragisches Liebespaar) sind die wichtigeren unter ihnen.
Dzun Gong, die „dunkle Grube“, ist die Bezeichnung der Oni für das Anderdunkel. Ihrer Vorstellung nach werden die Seelen der Verstorbenen, wenn Tana bemerkt, dass sie nicht dem Atsuru gerecht wurden, in diese Grube gestoßen, anstatt nach Schen-La geführt zu werden.
Gemartert von den Dämonen des Anderdunkels, den Go-Bol, werden die unglücklichen Seelen irgendwann selbst zu Dämonen und streben nach Vergeltung an den Nachgeborenen, die sie für ihr Unglück verantwortlich machen. So erklären sich die Oni nicht nur das üble Naturell der Bewohner des Anderdunkels, sondern auch die Verderbnisse.
Magie, Bau, ist in der Vorstellung der Oni ein Geschenk, dass Tana den Menschen von den Göttern brachte. Wie jedes Werkzeug, so sagen sie, wird es durch die Hände dessen, der es benutzt, zum Guten oder zum Bösen verwendet. Zum Guten verwenden, das heißt sie im Sinne und zur Stärkung des Atsuru einzusetzen, sie fürs Böse zu verwenden, sie gegen die Prinzipien des Atsuru einzusetzen.
Das Dzun Bau, die dunkle Magie, ist so schändlich, dass sie die Kräfte von Dzun Gong heraufbeschwört, während das Bau-La, die helle Magie, rein ist. In der moderne führt dies dazu, dass die meiste Zauberei als Bau-La gilt, da sie wenig bis keine Verderbnis hervorbringt. Doch die Konservativen unter den Sin Gadan sehen nicht die Verderbnis als maßgeblich, sondern den Einsatzzweck; was bspw. dazu führt, dass Zauber zur Gedankenkontrolle Bau-La sind, wenn sie Loyalität und Gehorsam erzwingen, aber Dzun Bau, wenn sie zum Bruch dessen führen.