Was ist der Sinn des Lebens? – In Einklang mit der Welt und ihren Göttern zu leben
Was erwartet mich nach dem Tod? – Wenn ich ein Leben im Einklang führe, darf ich in das Reich U‘iganus eingehen
Zu wem bete ich? – Zu den Göttern
Wie stets mit der Magie? - Magie ist Geschenk der Götter
Hiyoshi bedeutet so viel wie „Brauch“ oder „Sitte“ und seine Anhänger haben eigentlich keine Eigenbezeichnung, nennen sich selbst bisweilen aber Pu‘ke („die guten Leute“, Sg. Ibake (guter Mann) bzw. Uke (gute Frau)).
Die guten Leute glauben, dass eine mit den Pu‘Omemi (Göttern) übereinstimmende Lebensführung wichtig ist und diese sich vor allem in deren Verehrung und der Dankbarkeit ihnen gegenüber äußert. Diese Übereinstimmung („Kuma“ ~ „Harmonie“ oder „Einklang“) kann insbesondere durch die gewissenhafte Ausfürhung der zahllosen Rituale erzielt werden, äußert sich aber auch durch eine besondere Rücksichtnahme auf die natürliche und soziale Umwelt. Das Hiyoshi ist eine Religion der Nächstenliebe und -hilfe und Solidarität gilt als wichtigste Tugend.
Ebenfalls erstrebenswert ist ein Zustand der Reinheit (Nomisin), weshalb Beschmutzungen (Pu‘Nomiri) zu vermeiden sind oder durch entsprechende Reinigungsrituale zu tilgen sind. Das Hiyoshi kennt neben körperlicher Beschmutzung, wozu auch die Verderbnis zählt, auch die spirituelle Beschmutzung, die durch den Pu‘Omeni widerstrebendes Verhalten, das Betreten verbotener Orte oder den Kontakt mit verbotenen Tieren oder Pflanzen (Noíri ~ „Tabu“) entstehen kann.
Eine weitere wichtige Grundlage bildet der Totenkult. Die Toten (Pu‘Noreganu, Sg. Ibareganu (der Tote) bzw. Ureganu (die Tote)) gelten als heilig (peti) und werden einbalsamiert. Durch die Einbalsamierung werden die Leichname konserviert und im Familienschrein (Omapi) aufbewahrt, wo die guten Leute mit ihnen in Kontakt treten können. Die Schändung der Toten gilt als schwerwiegende Sünde und üblicherweise erweist man selbst den Mumien (Pu‘Adunta, Sg. Ibadunta („der männliche Leichnam“) bzw. U‘adunta („der weibliche Leichnam“)) der Feinde die Ehre, sie in den Katakomben eines Tempels (Kikon) zu überführen, anstatt sie zu vernichten.
Die Götter (Pu‘Omemi) gelten zwar als vollkommener als die Menschen, werden aber nicht als perfekt angesehen; sie können Fehler und sogar Sünden begehen und sogar die Pu‘No‘iri anderer Götter brechen. Daraus folgt für die guten Leute, dass es keine absolut guten oder schlechten Taten gibt, da sich die Bewertung einer Handlung nur aus dem Kontext ergeben kann, in dem sie erfolgt.
Die Mythologie des Hiyoshi ist äußerst komplex und kennt eine unüberschaubare Anzahl von Göttern, die größtenteils nur sehr lokal verehrt werden. Es gibt nur wenige universelle Götter, wie Ibagaki (den Sonnengott), Ugaki (die Nachtsonnengöttin), Udobe (die Mondgöttin), Ibakuba (den Himmelsgott), Ibinu (den Meeresgott) oder Utoga (die Erdgöttin). Die meisten Götter haben wesentlich konkretere Herrschaftsgebiete und Aspekte, so gibt es keinen „Gott der Wälder“, aber sehr wohl verschiedene Götter einzelner Wälder und sogar Bäume; es gibt Götter, die in bestimmten Landschaften als Gottheit bestimmter Tiere gelten oder über bestimmte Berufe wachen.
Die meisten Götter besitzen einen Kikon (~Tempel), wobei nur die bedeutenderen wirklich feste Häuser sind. Bei den kleineren Gottheiten kann ein Kikon auch einfach ein heiliger Pfahl (Nebumomi) sein oder ein Sunre, eine heilige Fahne.
Eine weitere universelle Gottheit, die jedoch keine Pu‘Kikon besitzt, ist U‘iganu, die Todesgöttin, die über das Jenseits wacht und in deren Reich die Seelen jener einkehren, die ein gutes Leben führten. U‘iganu bietet den Verstorbenen ein paradiesisches Nachleben und erlaubt ihnen hin und wieder in die Pu‘Adunta einzukehren, um bei ihren Nachgeborenen zu sein. Wer jedoch ein frevelhaftes Leben führt, findet keinen Einlass in U‘iganus Reich und muss als Untoter (Dzumaba) in der Welt verweilen; wo er meist dem Wahnsinn verfällt und den Menschen Schaden zufügen will.
Das Hiyoshi sieht die Magie (Hishin) als Gabe der Götter an, lehrt jedoch, dass vor allem die Pu‘Sida den Menschen dieses Geschenk anbieten. Die Pu‘Sida werden oft als „Dämonen“ verstanden, jedoch handelt es sich bei ihnen um besonders selbstsüchtige Pu‘Omemi; sie gewähren den Menschen zwar das Geschenk der Magie, verleiten sie jedoch zu besonders schändlichen Taten, da sie selbst dadurch profitieren.
Der Magier (Ibamare (Magier) bzw. Umare (Magierin)) ist daher zur besonderen Harmonie verpflichtet und befindet sich im steten Widerstreit zwischen dem Gebot der Gemeinschaft und der Selbstsucht der Magie.
Die Saiwaiya konnte das Hiyoshi nicht vollends verdrängen, auch wenn es heute nur in einem kleineren Teil Okarus die dominante Religion darstellt. Die Verehrung der Ahnen eint beide Religionen, obwohl sie im Hiyoshi wesentlich undogmatischer erfolgt. Eine bedeutende Quelle für Spannungen zwischen beiden Religion stellt ihr Verhältnis zur Magie dar, da diese in der Saiwaiya deutlich reglementierter und verachteter ist.