Echyra, Phalopien und Phalastrien

"Echyra" war schon in der Antike mehr ein Kampfbegriff, als eine tatsächliche Bezeichnung für einen Teil der Welt. Oder zumindest war es ein sehr ungenauer Begriff, der je nach Intention des Sprechers nur wenige Landstriche oder weite Teile der damals Bekannten Welt bezeichnen konnte.

Das "Volk" der "Echyren" war ebenso eher ein ideeler Wert und die Zugehörigkeit zum Volk wurde über die Echyrische Sprache und als "echyrisch" geltende Bräuche definiert. Auch wenn es immer wieder Versuche gab, ein echyrisches Volk am Aussehen oder anderen angeborenen Eigenschaften festzumachen.

Die Gesichter Echyras

Im Lauf der Geschichte wurden verschiede Landstriche als Echyra verstanden: Phalopien, Phalastrien, das Arroie, der Phalis, Eneathien und selbst Charta.

Phalopien

Phalopien, der Phalopos, das "Altland". Dieses "Mutterland der Echyren" umfasst in der engsten Definition nur die Meerenge zwischen dem Phasa Karassa und dem Derathion. In der geläufigen Auslegung bezeichnet es das echyrische Festland vom tertessichen Süden aus, bis zu Draspon und Chalix im Norden.

Die gesamte Region ist über Antike und Klassik hinweg geprägt von einer Spaltung zwischen den großen Küstenstädten, von denen Nexos schon früh die größte war, und den dörflich geprägten Hinterlanden, in denen der Ackerbau, vor allem aber Schafs- und Ziegenherden die Landschaft prägten.

Die Bewohner galten als konservativ und stolz und waren für antike Verhältnisse relativ ungläubig und den Wissenschaften und Philosophien zugewandter, als andere Echyren - und das obwohl mit Tertemes und Karkarra zwei bedeutende Städte des klassischen Asiranismus in dieser Landschaft lagen.

Die phalopischen Städte konnten sich bis weit in die Klassik hinein ihre Unabhängigkeit bewahren und wurden teils von Königen, adligen Stadträten oder Bürgerversammlungen regiert. Die häufigen Konflikte zwischen den Städten Draspon und Topeia, die oft krigerisch ausgetragen wurden, waren bereits in der Spätantike sprichwörtlich (im Sinne von "Viel Ärger um Nichts") und wurden von Komikern bis weit über die Grenzen Echyras verpottet.

 

Phalis

Als der Phalis oder die Phalischen Flusslande wurden die hügligen Landschaften beiderseits des Arkaias bezeichnet, grob das Gebiet zwischen Raho (Pelandis) und dem Berg Meloras im Süden bis hinauf nach Nephalos im Norden, wo der Stissos von Westen her in den Arkaias mündet.

Bereits in der Antike war vergessen, warum diese Landschaft den Namen des Gottes der Jugend trug (oder ob der Gott seinen Namen der Landschaft verdankte). So wundert es nicht, dass viele Sagen und Legenden von der Verbundenheit des Gottes mit Land und Leuten berichten; natürlich berichten viele auch von der Abstammung der Phaliser von Phalis nach, weshalb sie auch die hübschesten Knaben und jungen Männer, mindestens unter den Echyren, aber meist auch einfach allen Völkern, hervorbrächten. Die Schönheit der phalischen Männer war bereits in der Antike sprichwörtlich, weshalb es aber auch zum bevorzugten Ziel der räuberischen Eneathen wurde und auch Sklavenfänger aus anderen Ländern hier Knaben stahlen, um sie auf den Sklavenmärkten von Nexos zu verkaufen. Wobei durch den Aufstieg von Arros in der Spätantike dies ein Ende fand.

Die Phaliser, die in der Antike ein bäuerliches Volk waren, das vor allem für Wurzelgemüse und Schafszucht Bekanntheit errangen, entwickelten sich seit der Kultivierung der Weinrebe auch in diesen südlicheren Gefilden zu einem für seine exzellenten Weine bekannten Region.

Durch die Städte Nephalos und Pelandis, die Zentren für Bildung und Handel waren, wurde das Phalis in der Klassik zu einer angesehenen Gegend, die man als die "Lieblichen Flusslande" umschrieb.

Phalastrien

Phalastrien (Phalastrios "Sternenland") wurde erst seit der Mitte der Antike von Echyren besiedelt, und bezeichnete ursprünglich lediglich die große Insel im Derathion, die heute Astrea genannt wird. Hier entstanden die schnell wachsenden Städte Hythere, Ephoses, Zortyne und Chalihanes, deren Handelsnetze bald ein wichtiges Bindeglied zwischem dem Phalopos und sonstigem nördlichen Festland und den Völkern des Südens wurden.

Spätestens seit der Klassik bezeichnete man die gesamte Inselwelt des Derathion als "Phalastrien" und zählte daher bisweilen auch Charta und die manaphilischen Inseln mit hinzu.

Nach dem Aufstieg der drei klassischen Großreiche (Arrovelosia, Kaphtenischer Republik, Drunum Iderusum) bröckelte die Macht der einst mächtigen Handelsstädte, die von den großen Reichen im wechselnden Bündnissen gegeneinander ausgespielt wurden. Mit dem Untergang ihres Handelsreiches, verkamen die Phalastrier zu berüchtigten Seeräubern und behielten diesen Ruf noch bis in die Zeit der Magischen Revolution.

Arroie

Das Arroië, die "Hügelgrenze", wird erst seit der Spätantike als Teil Echyras wahrgenommen, auch wenn noch lange die Zugehörigkeit der Arroien zu den Echyren bezweifelt wurde. Das für spätantike Verhältnisse überzeugende Argument einer Verwandtschaft von Arroien und Echyren, wirkt aus moderner Betrachtung heraus gerade zu lächerlich: König Xentos von Arros (der Großvater des berühmten Kyrenas Mossas) konnte nachweisen, dass sein Vorfahr Arkodorides ein Nachfahre des Gottes Asiranas war, wodurch gleich das ganze Volk zu Echyren wurde. Obwohl es sich in dieser Zeit noch um den echyrischen Heldengott handelete, wurde dieser Mythos später auch von den asiranistischen Königen Arrovelosias aufgegriffen, um ihre Macht noch weiter zu legitimieren.

Historisch gesehen waren die Arroien aus einer Mischung der nordwestlich strebenden echyrischen Kolonisation und den südöstlich nach neuem Lebensraum suchenden Arbaren entstanden. Zumindest ein großer Teil der Adelsschicht wird in in der Antike deutlich echyrisch geprägt gewesen sein; neue Forschungen können den Dynastiegründer Arkodoros in das Umfeld der draspiatischen Söldner zurückführen, wenn auch nicht auf den mythischen Gott.

Die einfache Bevölkerung bewahrte aber noch lange gewisse "Arbarismen", durch sie sich von den Adligen aber auch den Süd-Echyren nicht nur äußerlich unterschied. Doch während die Echyren im Süden die Arroien lange als Arbaren ansahen, sahen die Arbaren in den Arroien weichliche Echyren. Vermutlich trifft die bereits von manchem antiken Gelehrten benutze Beschreibung der Arroien als "Arbaren, die Echyrisch sprechen und einen Hang zur phalopischen Kultur und Religion" haben am ehesten zu. Wobei die echyrische Sprache in der Antike auch das das einzige verbindende Glied unter den anderen echyrischen "Stämmen" darstellte.

Während das Arroië noch in der Spätantike  als wildes Land galt, das unzivilisiert und rau ist und unter ständigen Überfällen der noch barbarischeren Arbaren zu leiden hat, entwickelte es sich bereits in der frühen Klassik als Kernland des Arroischen Königreiches, das später in Arrovelosia aufging zu einem wichtigen Zentrum, nicht nur der Macht, sondern auch der Kultur und Wissenschaft und übernahm im Lauf der Klassik die Bedeutung, die einst der Phalopos für die echyrische Kultur gespielt hatte.

 

Eneathien

Eneathien erhielt seinen Namen durch den Volkststamm der Eneathen, der hier siedelte, solange man sich zurück erinnern konnte. Die Eneathen sprachen, in der Antike, zwar Echyrisch und beteten manche echyrische Gottheit an, unterschieden sich von den Phalopiern aber vor allem dadurch, dass bei ihnen ausschließlich die Frauen in den Krieg zogen und an den Waffen ausgebildet wurden. Der gesamte Adel der Eneathen bestand nur aus Frauen, kein Mann konnte diesen Stand erreichen.

Auch wenn es bei den Phalopiern oder anderen Echyren nicht unüblich war, dass Frauen Kriegerinnen waren oder andere, eher als männlich geltenden Berufe ausführten, war es die Ausschließlichkeit des Frauen-Kriegertums und der Frauen-Herrschaft, die die Eneathen so einzigartig machten.

Frauen und Männer lebten getrennt; die Männer zum Teil in abgeschotteten Dörfern, die eher an große Gefangenlager erinnern (und deren archäologisch erschlossene Grundrisse sich auch in modernen Kriegsgefangenenlagern leicht wiedererkennen lassen). Die Frauen-Kriegerinnen waren gute Reiterinnen und führten schnelle Raubzüge gegen die angrenzenden Städte Nerphis, Nephalos, Raho und sogar Draspon aus,  raubten und plündertn aber auch immer wieder das Phalis. Die Männer waren vor allem in der Baumwollwirtschaft eingebunden, die im Lauf der Klassik, nachdem die Frauen-Kriegerinnen vom Arroischen Königreich unterworfen waren, die Region prägen sollte. Eneathische Baumwolle war bis ins ferne Mideni eine begehrte Handelsware.

Das Erbe der Frauen-Kriegerinnen bildet ein deutlicherer Respekt der Männer vor den Frauen, der noch bis in die Renaissance durch Inschriften, aber auch durch Floskeln im eneathsichen Dialekt anzutreffen ist.

 

Charta

Charta ist der alte Name der nördlichsten großen Insel im Derathion. Er wurde aber bereits in der Antike auch verwendet um die gesamte nordwestliche Inselwelt, deren Großteil die manaphilischen Inseln bilden, zu bezeichnen.

Nach zeitgenössischen Karten lag genau in der Mitte der Insel Charta die Stadt Nessus, eingerahmt von den Bergen Tyris und Eiras.

Die Kultur der Chartaner war von Alters her geprägt durch den Kontakt zum phanechischen Kaphtenu, aber auch den Demarern. Die antiken Chartaner gingen wohl aus einer Mischung phalopisch-phalastrischer Einwanderer, phanechischer Einwanderer und der Urbevölkerung der Inseln hervor. Neben erkennbaren Einflüssen des Festland-Echyrischen und des Phanechischen können daher auch gänzlich eigene Kulturelemente der Chartaner leicht erkannt werden, wie die kultische Verehrung des Stieres oder die Legenden um den mythischen König Enor, der einst den berühmten Palast von Nessus errichtete.

Der Titel Paisedoros "Stierkönig" war bis in die Klassik hinein der Haupttitel des Herrschers von Charta, auch wenn dessen tatsächliche Macht seit der Spätantike immer mehr von den Kaufmannsfamilien und -vereinigungen beschnitten wurde und er zuletzt nur noch kultische Funktionen ausübte.

Durch die Phanecher waren neben den echyrischen Gottheiten vor allem Ischma und Athun verbreitet und der Phabis Chartanos, der chartanische Phabis, war nicht nur ein Sonnengott, wie der auf dem Festland, sondern auch Gott des Gewitters, wie bei den Phanechern.

In der Klassik hielt sich Charta lange als eigenständiges, aber weitgehend bedeutungsloses Königreich, bis es in der Kaphtenischen Republik aufging.